Es gab einmal eine Zeit, da blickten viele Zeitgenossen in Europa mit Verachtung auf die früheren Epochen mit ihren Kriegen, Hungersnöten und Revolten herab, als auf eine Zeit, in der die Menschen eben noch unmündig und nicht genug aufgeklärt waren. Man glaubte es war nur noch eine Angelegenheit von Jahrzehnten, bis das Böse und Gewalttätige endgültig überwunden sei.
Einhergehend mit den fortschreitenden Entwicklungen in Wissenschaft und Technik im 19. und 20. Jahrhundert, die das Leben für beinahe jeden komfortabler, gesünder und zunehmend selbstbestimmter statt fremdbestimmter gestalten ließ, trugen die facettenreichen Strömungen der modernen Kunst dazu bei, diesem neuen Selbstbewusstsein des aufgeklärten Menschen einen adäquaten Ausdruck zu verleihen. Dabei wurde auch das Geschlechterverhältnis neu bewertet, verschiedene Lebens- und Liebesformen wurden möglich.
Auch die Sexualität des Menschen wurde nach und nach von skurrilen Mythen befreit und entledigte sich der moralischen Gängelung durch die Kirche. Entsprechend wurde die Erotik in der Kunst zu etwas Erhabenem, höchst Ehrwürdigem stilisiert – wie man dies beispielsweise bei den Arbeiten von Gustav Klimt – einem wichtigem Vertreter dieser Epoche, leicht nachvollziehen kann.
Mein Damenschuh Belle Epoque als bildnerisches Statement möchte an diese Vorstellung erinnern.
Erinnerung an eine Zeit, in der sich der Mensch in großen Schritten von seinen Fesseln zu lösen begann, seiner selbst gewahr wurde, seine Sexualität entdeckte und dem Geheimnis des Weiblichen mit Hingabe und Respekt gehuldigt wurde – und heute?
Es gilt jedem mit Entschiedenheit entgegenzutreten, der uns wieder neue Fesseln anlegen will, der die Errungenschaften unserer Freiheit einschränken will, der uns den Blick vernebeln will für das, was wirklich wichtig ist – und damit meine ich nicht die neue Wahlfreiheit im 21. Jahrhundert zwischen hunderten von Telefonanbietern. Belle Epoque ist Mahnung und Auftrag für ein freies selbstbestimmtes, sinnhaftes und sinnliches Leben, gegen jedwede erneute Vernebelung und Fremdbestimmtheit unseres aufgeklärten Lebens.
Andreas Heckmann (1/2014)